PERLGESCHWULST
(aus: Krankheiten)
Ich würde der Sonne beim Untergehen zusehen in einem Moment, wo das Licht so spitzwinkelig auftrifft, dass die Wasseroberfläche es kaum mehr einlässt, sondern quecksilberlich reflektiert. Es wären aber gerade noch die Schrunden am Grund der Lagune zu sehen, die von Steinchen im Rhythmus der Abendwogen umspielt werden. Die Putzfrau sprüht noch einmal Kokos-Ringelblüten-Spray, wischt die hellrosa Fließen rund um die Lagune sauber und geht dann nach Hause. Und ich hätte eine alte Freundin, die Muschel. Sie sitzt im Coktailkleid an der Bar und ist alt, während ein Afrikaner, der lebensfroh ist, auf einer Steeldrum spielt. Der Barkeeper sieht der Muschel Abend für Abend zu, wie sie vor den vorbeigehenden Tauchlehrern ihre Perle leckt. Der Barkeeper seufzt und denkt, dass niemand mehr das Glänzen der frisch geleckten Perle sieht, sondern nur mehr die Narben im wilden Fleisch, das die Perle hält. Wie ein Walross legt sich ihre Zunge in die aufgeschwemmte Fleischlandschaft, meint der Barkeeper, schüttelt den Kopf und putzt Gläser, aber ich fände es schön. Er versucht dann die protestierende Muschel nach Hause zu schaffen, bevor die Sonne aufgeht und sie wieder die Nähte sehen kann, an denen die Sandstrandteile mit Silikon versiegelt wurden.
Ich würde der Sonne beim Untergehen zusehen in einem Moment, wo das Licht so spitzwinkelig auftrifft, dass die Wasseroberfläche es kaum mehr einlässt, sondern quecksilberlich reflektiert. Es wären aber gerade noch die Schrunden am Grund der Lagune zu sehen, die von Steinchen im Rhythmus der Abendwogen umspielt werden. Die Putzfrau sprüht noch einmal Kokos-Ringelblüten-Spray, wischt die hellrosa Fließen rund um die Lagune sauber und geht dann nach Hause. Und ich hätte eine alte Freundin, die Muschel. Sie sitzt im Coktailkleid an der Bar und ist alt, während ein Afrikaner, der lebensfroh ist, auf einer Steeldrum spielt. Der Barkeeper sieht der Muschel Abend für Abend zu, wie sie vor den vorbeigehenden Tauchlehrern ihre Perle leckt. Der Barkeeper seufzt und denkt, dass niemand mehr das Glänzen der frisch geleckten Perle sieht, sondern nur mehr die Narben im wilden Fleisch, das die Perle hält. Wie ein Walross legt sich ihre Zunge in die aufgeschwemmte Fleischlandschaft, meint der Barkeeper, schüttelt den Kopf und putzt Gläser, aber ich fände es schön. Er versucht dann die protestierende Muschel nach Hause zu schaffen, bevor die Sonne aufgeht und sie wieder die Nähte sehen kann, an denen die Sandstrandteile mit Silikon versiegelt wurden.
Jakob Kraner - 12. Feb, 10:34